Treysa
In einem Güterverzeichnis des Benediktinerklosters Hersfeld aus dem 8. Jahrhundert findet Treysa als „treise“ seine erste urkundliche Erwähnung. Zu diesem Zeitpunkt existierte in Treysa ein hersfeldisches Klostergut. Im 11. Jahrhundert ging das Klostergut in der Burggasse als Lehen in den Besitz des Grafen Gosmar von Ziegenhain über. Unter dem Ziegenhainer Grafen Friedrich I. wurde ab 1186 der Bergrücken um die Totenkirche und Burggasse planmäßig besiedelt. Ein wichtiges Ereignis für die Entwicklung Treysas war die Verleihung der Stadtrechte zwischen 1229 und 1270. Im 13. Jahrhundert erlangte Treysa zudem Bedeutung als Münzstätte.
Ab 1180 wurde die St. Martinskirche erbaut. Zusammen mit einem Burgsitz bildete sie den Mittelpunkt der befestigten Kernstadt. Sie wird seit 1832 nicht mehr benutzt. Ihre Ruine ist heute als „Totenkirche“ das Wahrzeichen der Stadt. Seit 1287 entstand ein Dominikanerkloster im Bereich der heutigen Stadtkirche, der ehemaligen Klosterkirche von 1350. Der Dominikanerorden war ein Bettelorden für Predigt und Seelsorge im Volk und baute darum seine Klöster mitten in die Städte.
Um 1367 entstand durch eine Stiftung Treysaer Bürger das Hospital zum Heiligen Geist in der Steingasse als mittelalterliche Sozialeinrichtung. Überwiegend Arme und Unterstützungssuchende der Stadt fanden hier Aufnahme, aber auch Fremde und auf der Durchreise Erkrankte. Vor 1423 baute vermutlich Hermann von Cuborg eine Wasserleitung für die Treysaer Oberstadt. Durch einen offenen Wassergraben führte man das Wasser von Sachsenhausen zu einem Teich auf dem heutigen Hephata-Berg und dann durch eine unterirdische, hölzerne Röhrenleitung unter dem Bachlauf der Wiera hindurch in die Oberstadt. Diese Anlage existierte noch bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts.
Seit dem 13. und 14. Jahrhundert entwickelte sich Treysa zu einem blühenden Handelsplatz innerhalb der Grafschaft Ziegenhain und auch darüber hinaus. Auch die Lage am Knotenpunkt alter Fernhandelsstraßen förderte den Handel. Die wirtschaftliche Bedeutung der durch Mauern und Türme gut gesicherten Stadt lag in der Tuchherstellung, dem Handel und dem Handwerk. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts waren acht Zünfte in der Stadt vertreten. 1450 fiel Treysa mit der Grafschaft Ziegenhain an die Landgrafen von Hessen. 1527 führte Landgraf Philipp der Großmütige die Reformation in Treysa ein. Das Dominikanerkloster wurde aufgelöst und seine Klosterkirche zur Pfarrkirche für den evangelischen Gottesdienst umgewandelt.
Einen tiefen Einschnitt in die Aufwärtsentwicklung der Stadt bedeuteten die Ereignisse des 30-jährigen Krieges (1618-48). 1640 zerstörten kaiserliche Truppen weitgehend die Stadt, wobei auch das Rathaus dem Brand zum Opfer fiel. Von 460 Häusern wurden 217 eingeäschert und 97 verfi elen. Die ehemalige dichte Bebauung wurde nie wieder erreicht. Einen weiteren schweren Rückschlag erfuhr die Stadt durch die Ereignisse des 7-jährigen Krieges (1756-63). 1758/59 drangen französische Husaren unter Plünderungen und Erpressungen in Treysa ein. In der Folgezeit wechselten sich Einquartierungen und Kriegslasten durch Feinde und Verbündete ab. 1804 wurde die erste Stadtchronik verfasst, seit 1808 sammelten die Gebrüder Grimm ihre Märchen in der Schwalm.
Einen starken wirtschaftlichen Impuls stellte die Fertigstellung der Main-Weser-Bahn dar. Treysa erhält 1850 einen Bahnhof und wird durch weitere Abzweigungen zum Eisenbahnknotenpunkt.
1864 gründete der Treysaer Pfarrer Franz von Roques in einer ehemaligen Papiermühle an der Sachsenhäuser Straße das kurhessische Diakonissenhaus. Ende des 19. Jahrhunderts erhielt die Einrichtung den Namen Hephata, das bedeutet „Öffne dich“. Nach der Übersiedlung der Diakonissen nach Kassel kam es 1901 unter der tatkräftigen Leitung von Pfarrer Hermann Schuchard zur Gründung des Hessischen Brüderhauses.
Hephata – Hessisches Diakoniezentrum e. V. wirkt heute an mehr als 50 Orten und mit über 2000 Mitarbeitenden nicht nur in Hessen. In evangelischer Tradition arbeitet Hephata Diakonie in der Behinderten- und Jugendhilfe, in der Rehabilitation Suchtkranker, in der Psychiatrie und Neurologie, in der Heilpädagogik, der Wohnungslosenhilfe, in der Pflege und Betreuung von Senioren, in Förderschulen und der beruflichen Bildung. Hephata bildet aus für verschiedene Berufe der sozialen und pflegerischen Arbeit und ist Partner der Evangelischen Fachhochschule Darmstadt.
Zuhause aber ist Hephata in Schwalmstadt-Treysa, Kennzeichen seit 1906 ist die Kirche, ein Haus das besonders für den kirchlichen Neuanfang nach 1945 steht. Viele Menschen fanden und fi nden in Hephata Aufnahme und Arbeit. Gleichzeitig ist Hephata der Ort der Begegnung, nicht zu zählen sind die Besucher, die Hephata erleben. Damit lebt Hephata seinen Namen und öffnet sich.
1905 erhält Treysa ein Wasser- und 1907 ein Elektrizitätswerk. 1945 und 1947 fanden die „Treysaer Kirchenkonferenzen“ in Hephata statt. Hier erfolgte die Neugründung der Evangelischen Kirche in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg.
Zwischen 1970 und 1972 werden Treysa, Ziegenhain und 11 weitere Ortschaften im Zuge der Gemeindegebietsreform zur neuen Stadt Schwalmstadt zusammengefasst. Das offizielle „Geburtsdatum“ der Stadt Schwalmstadt ist der 1. Januar 1971.